Danke für Ihr Interesse an unserem Interview mit Jan-Dirk Früchtenicht

Interview: Jan-Dirk Früchtenicht von IAV GmbH spricht über Risikomanagement und die diesjährige Rethink! Corporate Finance

Vielen Dank für Ihr Interesse am Interview mit Jan-Dirk Früchtenicht, Head of Risk Management and Internal Control bei IAV GmbH und Sprecher der Rethink! Corporate Finance.

Hallo Herr Früchtenicht! Schön, dass Sie heute hier sind. Möchten Sie sich zu Beginn in 1-2 Sätzen kurz vorstellen?

J.D.F.: Sehr gerne – Jan-Dirk Früchtenicht, 41 Jahre, 3 Kinder, seit 2020 Leiter Konzernrisikomanagement und Internes Kontrollsystem bei IAV am Hauptsitz in Berlin. Meine Hauptaufgabe ist es, unserer Geschäftsführung Transparenz über mögliche Abweichungen von der strategischen und operativen Planung zu verschaffen, damit diese informierte Entscheidungen treffen kann.

The Pop in Your Job – Sie arbeiten als Head of Risk Management and Internal Control bei IAV Was begeistert Sie an Ihrer Rolle und was macht Ihre Arbeit spannend?

J.D.F.: Mich begeistert, wenn mir mein CFO oder ein Business Unit Leiter sagt: „Herr Früchtenicht, das ist ein guter Punkt, den nehme ich mal mit!“, also dazu beizutragen, dass Entscheidungen besser getroffen werden können als ohne unsere Arbeit. Wir wissen um den „Purpose“ dessen, was wir tun. Und das macht Spaß und stiftet Sinn. Spannend ist es, sich dabei ein Stück weit als Forscher zu betrachten: Was genau steckt dahinter, wenn ein Leiter sagt, er mache sich Sorgen um seinen Umsatz oder ein Projekt. Mit ihm zu ergründen, was die Ursachen dahinter sind und wie wir dem smart begegnen können. Vermutlich kennen außerhalb der Geschäftsführung nur sehr wenige Menschen die Sorgen und verborgenen Abhängigkeiten innerhalb des Unternehmens so gut wie wir im Risikomanagement.

Sie werden auf der Rethink! Corporate Finance 2023 in Berlin das Thema „Guidance absichern durch quantitatives Risikomanagement“ vorstellen.

a) Könnten Sie uns bitte einen kurzen Einblick in Ihr Thema geben?
b) Welche sind die wichtigsten Punkte, auf die wir uns in Ihrer Präsentation freuen können?

J.D.F.: Sehr gerne. Im Grunde geht es bei dem Thema Guidance absichern um die gleiche Frage, die sich am ersten Konferenztag die meisten Teilnehmer stellen werden: Sitze ich rechtzeitig zum Vortragsbeginn auf meinem Platz? Beginnt dieser um 8:30 Uhr wird selten jemand sagen, der am Morgen aus Potsdam anreist, ich bin um 8:27 Uhr da – und da bin ich zu 100% sicher. Die Welt ist selten eine Punktlandung. Es gibt das Risiko einer Abweichung. Daher sprechen wir im Alltag meistens in Bandbreiten, d.h. „Ich werde zwischen 8:25 und 8:40 Uhr da sein.“ Dabei greifen wir auf Daten zurück, zum Beispiel auf die Wegezeitberechnung von Google Maps. Möchte ich die Gefahr verringern, dass ich nach 8:30 Uhr ankomme, muss ich Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel früher losfahren oder das Verkehrsmittel nach der Fahrtdauer auswählen.

Geht es um das Thema Guidance, gibt ein CFO in der Regel ebenfalls eine Bandbreite an. Oftmals handelt es sich dabei allerdings um Bauchgefühl, das in Gesprächen mit dem Vertrieb und dem Controlling geschärft wird. Selten werden diese Gespräche auf der Basis von belastbaren Daten geführt sondern sind vielfach qualitative Erfahrungsaustausche. Wenn man einen CFO fragt: „Wie ist denn die Bandbreite für die Umsatzplanung unserer drei Hauptkunden?“, wird man dazu selten eine konkrete Aussage hören. Fragt man nach, ob es solche Bandbreiten auch für die sonstigen Positionen der GuV gibt oder welche Abweichungsgefahren jeweils wesentlich sind, dann zuckt meist auch der Controller nur noch mit den Schultern. Der Grund ist: Diese ganzen Positionen sind vielfach als Punktwerte in der Planung festgehalten. Wie viel Unsicherheit in diesen Werten steckt und welche Schwankungsbreite damit entsteht, wird selten erhoben. Und das bedeutet für einen CFO: Er weiß nicht belastbar, wie sicher die kommunizierte Guidance wirklich ist und auf welche Einflussgröße er wirklich seine Aufmerksamkeit richten sollte.

Mein Vortrag wird eine einfach umsetzbare Anregung aufzeigen, wie Controlling und Risikomanagement dies ändern können. Und zwar ohne ein bürokratisches Monster zu schaffen.

Welche 3 häufig unberücksichtigten Hürden können Ihnen bei der Umsetzung von quantitativen Risikomanagement in die Praxis begegnen und wie können diese überwunden werden?

J.D.F.: Die erste Hürde ist vielfach Wissen: Oftmals wissen Controlling und Risikomanagement gar nicht, dass eine Planung auch in Bandbreiten möglich oder sinnvoll wäre – außer man hat einen statistisch versierten Wirtschaftsprüfer, der die handwerklich richtige Umsetzung der StaRUG-Vorgaben verlangt.

Die zweite Hürde ist meiner Erfahrung nach Angst: Um mit Bandbreiten sinnvoll zu arbeiten muss man sich in gewisse statistische Verfahren einarbeiten und das Planungsmodell leicht anpassen. Oftmals ist der Planungsprozess nervenaufreibend für alle Beteiligten. Wenn jemand unterhalb des CFO vorschlägt, diesen inhaltlich zu verändern, hagelt es in aller Regel Abwehrreaktionen. Das ist menschlich nur allzu verständlich.

Die dritte Hürde ist vielfach die Kultur: Wer Bandbreiten erheben will erzwingt Transparenz. Plötzlich müssen sich Key Account Manager, Personaler und Produktionsplaner zu Unsicherheiten bekennen, die man vorher oftmals mit verdecktem Aufwand auf den letzten Metern ausgebügelt hatte. Man redet plötzlich über Gefahren aber auch Chancen und muss sich fragen lassen: „Was tust du eigentlich, um diese 20% Chance auf eine Übererfüllung deines Umsatzziels zu erreichen?“ Gleichzeitig wird der Vorstand gezwungen, aufgrund begrenzter Ressourcen Maßnahmen abzuwählen und damit auch zuzulassen, dass gewisse Ziele eher am unteren Ende der Bandbreite landen – ohne den Zuständigen dafür zu brandmarken.

Wie werden die Erfahrungen aus dem quantitativen Risikomanagement bei IAV genutzt, um die Risikostrategie zu optimieren?

J.D.F.: Wir nutzen natürlich unsere Erfahrungen diesbezüglich. Viel wichtiger ist es allerdings, auf dieser Basis die Umsetzung unserer Unternehmensstrategie zu steuern. Wenn ich weiß, welche Planungsannahmen am unsichersten sind, kann ich mich als Management auch auf diese konzentrieren – und muss meine Aufmerksamkeit nicht mit der Gießkanne verteilen.

we.CONECT bedankt sich bei Jan-Dirk Früchtenicht für den Vortrag auf der diesjährigen Rethink! Corporate Finance 2023. Auf gute Zusammenarbeit!

Jan-Dirk Früchtenicht

Head of Risk Management and Internal Control

Nach seinem Studium der Sozialwissenschaften und Psychologie in Bremen und Leeds, Großbritannien arbeitete Herr Früchtenicht bei der heutigen ENGIE Gruppe in den Bereichen Personal, Inhouse Consulting und Risk Control. Nach seinem Wechsel zur First Sensor AG im Jahr 2016 verantwortete er als Director die Bereiche Prozessmanagement, Risikomanagement und Compliance. Seit 2020 leitet Herr Früchtenicht bei der IAV Gruppe das von Ihm aufgebaute Konzernrisikomanagement und Internal Control Team.

The Pop in my Job:
Mich begeistert es, wenn Manager aufgrund unserer Arbeit sichtbar besser werden und Dinge in ihr Handeln integrieren, die sie vorher nicht getan haben. Dieses sichtbare „Wirken“ gibt unserer Arbeit Sinn und macht außerordentlich zufrieden.

Wir hoffen, Sie auf der Rethink! Coprorate Finance 2023 in Berlin im April zu sehen.